T E T H Y S ,

T E L E S T O   &   C A L Y P S O
 
 
 

Nachdem Jean-Dominique Cassini 1671 und 1672 mit Iapetus und Rhea einen zweiten und
einen dritten Saturnmond entdeckt hatte, deutete er die sich somit ergebende Zahl 14 der die
Sonne umlaufenden Himmelkörper als Verherrlichung des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Wie
man heute vermutet, verschwieg Cassini aus Verehrung für seinen königlichen Arbeitgeber
lange Zeit die Entdeckung zweier weiterer Saturnmonde, die er erst am 21. März 1684
bekanntgab. Danach wurde über hundert Jahre lang kein weiterer Saturnmond entdeckt.
Die beiden Monde sind benachbart, fast gleich groß und weisen außerdem, wie wir noch
sehen werden, dieselbe Besonderheit auf. Hier wollen wir uns mit dem inneren dieser
beiden "Zwillingsmonde" beschäftigen, der nach der Titanin Tethys, der "Mächtigen
und Meeresgöttin" und Schwester Saturns, benannt wurde. Als drittinnerster der
großen Saturnmonde erhielt Tethys die Bezeichnung Saturn III.


 

Ein seltenes Familienfoto, aufgenommen durch die Raumsonde Cassini am 14. Juli 2014 aus einer
Entfernung von ca. 1,9 Millionen Kilometern. Tethys ist hier der größte Mond. Oben links ist
Hyperion zu sehen. Saturns Mond Prometheus erkennt man unten links.
 
 
 
 
 
 
 

Tethys hat einen Durchmesser von 1060 km. Ihre geringe Dichte von 0,99 g/cm³ deutet
darauf hin, dass sie fast vollständig aus Eis besteht, ähnlich wie Dione und Rhea.
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 

Die beste vollständige von der Raumsonde Voyager 2 erstellte Aufnahme
von Tethys, aufgenommen am 26. August 1981
 
 
 
 
 
 
 

Tethys' Oberfläche ist mit kleinen Kratern übersät und weist Risse auf, die durch Auffaltungen im
Eis entstanden sind. Dabei gibt es kraterreiche und -ärmere Gebiete (siehe Abbildung oben).
In den kraterärmeren Gebieten waren wahrscheinlich später geologische Prozesse im Gange,
die eine teilweise Umwälzung der Oberfläche verursachten. Auf der einen Seite des Mondes
befinden sich aber auch größere Krater. Der größte Krater auf Tethys, Odysseus (siehe
Abbildungen unten), hat einen Durchmesser von 445 Kilometern, also fast der Hälfte
des Tethysdurchmessers. Da Tethys zum Zeitpunkt des Einschlages noch warm und
formbar war, hat sich Odysseus' Boden im Laufe der Zeit an Tethys' kugelförmige
Oberfläche angeglichen, und sein ursprüngliches hohes Ringgebirge sowie sein Zentral-
berg sind zerfallen – ähnlich wie es auf Kallisto und Ganymed zu sehen ist. Tethys'
Inneres könnte zur Zeit des Einschlages sogar flüssig gewesen sein. Wäre Tethys
kälter und spröder gewesen, sähe Odysseus heute aus wie der Krater Herschel
auf Mimas – wenn nicht dann durch den Einschlag der ganze Mond zerstört wor-
den wäre. Die Einschlagkrater jener Zeit sind heute weitgehend ausgebügelt, und
die kleineren Krater, die heute zu sehen sind, sind jüngerer Natur.


 

Tethys mit Krater Odysseus. Aufnahme durch die Raumsonde Cassini
vom 9. Mai 2015 aus einer Entfernung von ca. 300000 Kilometern.
Der Krater hat einen Durchmesser von 445 Kilometern.
 
 
 
 
 
 
 

Auf Tethys gibt es noch ein zweites auffälliges Oberflächenmerkmal: den Cañon Ithaca Chasma, der
sich bei einer Breite von 65 bis 100 km und einer Tiefe von bis zu 5 km über mehr als 2000 km,
also über etwa zwei Drittel des Tethysumfangs, erstreckt. Die Größe Ithacas deutet wiederum
darauf hin, dass Tethys einst flüssig war und sich zunächst nur an der Oberfläche eine Eiskruste
bildete. Ithaca ist über vier Milliarden Jahre alt und entstand wahrscheinlich dadurch, dass dann
auch das Innere von Tethys gefror, wodurch sie sich ausdehnte (um etwa 1/11), sodass ihre
Kruste, um dem vergrößerten Raumbedarf Rechnung zu tragen, aufriss. Außerdem weist
Tethys einen breiten, dunklen Gürtel auf, der quer über ihre
Oberfläche verläuft (siehe Abbildung unten).
 
 
 
 
 
 
 


 

Die beste von Voyager 1 aufgenommene Farbaufnahme von Tethys zeigt
den dunklen Gürtel und am oberen linken Rand den Krater Odysseus.
Auf dem rechten Bild sind Farbintensität und Kontrast erhöht worden.
 
 
 
 
 
 
 


 

Zwei große Krater auf Tethys. Im Hintergrund Saturn. Aufnahme durch die Raumsonde Cassini
vom 11. April 2015 aus einer Entfernung von ca. 120000 Kilometern.
 
 
 
 
 
 
 

Animation von Tethys (842 KB)
 
 
 
 

Tethys (unten) und Dione mit Saturnring.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini vom 19. März 2005.
 
 
 
 
 
 
 

Korrekte englische Aussprache von Tethys (12 KB)
 
 
 
 
 
 
 


 

Tethys, übersät mit Kratern. Am rechten Rand Krater Odysseus.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini vom 11. April 2015 aus einer
Entfernung von ca. 190000 Kilometern.
 
 
 
 
 
 
 

Im Jahre 1980 wurden zum einen von Dr. Bradford A. Smith, Dr. Harold Reitsema, Stephen M. Larson und
John W. Fountain und zum anderen von Dr. Dan Pascu, Dr. P. Kenneth Seidelmann, William A. Baum und
Prof. Douglas Currie zwei kleine Saturnmonde entdeckt, die nach den Okeaniden (Wassernymphen)
Telesto (griechisch für "die Nymphe der kühlen Quellen") bzw. Calypso (vom griechischen Wort
für "wie die unsichtbaren Gezeiten"), den Töchtern Tethys', benannt wurden. Telesto erhielt
die Bezeichnung Saturn XIII und Calypso Saturn XIV.
 
 
 
 
 
 
 

Telesto
 
 
 
 
 
 
 

Telesto hat einen Durchmesser von ca. 24 km, Calypso ist nur wenig kleiner und hat einen
Durchmesser von ca. 29 km x 15 km x 15 km (im Mittel ca. 19 km).
 
 
 
 
 
 
 

Calypso
 
 
 
 
 
 
 

Es stellte sich heraus, dass Telesto und Calypso nicht nur die gleiche mittlere Entfernung
zum Saturn haben wie Tethys – ihre großen Bahnhalbachsen betragen jeweils 294710 km
(entsprechend ca. 4,9 Saturnradien), ihre Umlaufzeiten mithin jeweils 1,888 Tage –, sondern
auch koorbital mit ihr sind, d. h., alle drei Monde teilen sich eine Umlaufbahn. Dabei bleibt
der Abstand zwischen den drei Monden immer ungefähr gleich groß: immer läuft Telesto
etwa 60° vor Tethys und Calypso etwa 60° hinter ihr, sodass sie zusammen mit Saturn
zwei gleichseitige Dreiecke bilden.
 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 
 
 

Der Mathematiker Joseph-Louis Comte de Lagrange zeigte einst, dass drei Körper an den Eckpunkten
eines gleichseitigen Dreiecks liegen können, das in seiner Ebene rotiert. Falls einer dieser Körper besonders
massereich verglichen mit den beiden anderen ist, dann ist diese dreieckige Anordnung offenbar stabil. In
einem System aus einem Planeten (1. Masse) und einem größeren Mond (2. Masse) werden Punkte, in
denen ein Gleichgewicht herrscht, Lagrangepunkte (oder auch Librationspunkte) dieses Mondes genannt.
Neben den auf einer Geraden mit dem Planeten und dem Mond liegenden Lagrangepunkten L1, L2 und L3,
in denen nur ein labiles (instabiles) Gleichgewicht herrscht, gibt es die beiden Punkte, die mit Planet und
Mond ein gleichseitiges Dreieck bilden, sodass in ihnen ein stabiles Gleichgewicht herrscht: den mit L4
bezeichneten führenden und den mit L5 bezeichneten nachfolgenden Lagrangepunkt. Körper in der
Nähe eines dieser beiden Punkte werden auch als Trojaner bezeichnet. Telesto und Calypso sind
also Tethys' Trojaner. Man vermutet, dass sie die Überreste einer Kollision sind.
 
 
 
 
 

Telesto, Großaufnahme ;-)
 
 
 
 
 
 
 


 

Calypso
 
 
 
 
 
 
 

TETHYS  in  Kürze

 
 Bezeichnung  Saturn III
 Entdeckungsjahr  Spätestens 1684
 Entdecker  Jean-Dominique Cassini
 Durchmesser  1060 km
 Rang  15.
 Große Bahnhalbachse  294710 km =
 ca. 4,9 Saturnradien
 Umlaufzeit  1,888 Tage
 Besonderheit  Wird von zwei Trojanern
 begleitet

 
 
 

TELESTO  in  Kürze

 
 Bezeichnung  Saturn XIII
 Entdeckungsjahr  1980
 Entdecker  B. A. Smith / H.  Reitsema /
 St. M. Larson /
 J. W. Fountain
 Durchmesser  Ca. 24 km
 Rang  16.
 Große Bahnhalbachse  294710 km =
 ca. 4,9 Saturnradien
 Umlaufzeit  1,888 Tage
 Besonderheit  Koorbital mit Tethys
 (führender Trojaner)

 
 
 

CALYPSO  in  Kürze

 
 Bezeichnung  Saturn XIV
 Entdeckungsjahr  1980
 Entdecker  D. Pascu / P. K. Seidel-
 mann / W. A. Baum /
 D. Currie
 Durchmesser  Ca. 29 km x 15 km x 15 km
 Rang  17.
 Große Bahnhalbachse  294710 km =
 ca. 4,9 Saturnradien
 Umlaufzeit  1,888 Tage
 Besonderheit  Koorbital mit Tethys
 (nachfolgender Trojaner)

 

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Dies waren Tethys, Telesto & Calypso. Als nächstes erwarten Euch hier zwei
weitere Uranusmonde. Seid gespannt auf
 

Puck und Mab



 
 
 

Hauptquellen:

Tethys:
- Entdeckung: Hosemann, J. Peter: "Auf dem Weg zur Erklärung der Welt. Meilensteine der Physik und Astrophysik",
- Logos Verlag Berlin 2014, S. 314
- Durchmesser: Thomas, P. C. und Dermott, S. F.: "The shape of Tethys",
- Icarus 94 (1991), S. 391-398
- Bahndaten: Jacobson, R. A.: JPL satellite ephemeris SAT240 (2006)

Telesto:
- Durchmesser: Thomas, P. u. a.: "Saturn's small satellites: Voyager imaging results", 
- Journal of Geophysical Research 88 (1983), Nr. A11, S. 8743-8754
- Bahndaten: Jacobson, R. A.: JPL satellite ephemeris SAT240 (2006)

Calypso:
- Durchmesser: berechnet nach Thomas, P. C.: "The shapes of small satellites",
- Icarus 77 (1989), S. 248-274
- Bahndaten: Jacobson, R. A.: JPL satellite ephemeris SAT240 (2006)